27.03.2022

„Nordafrikanische Zwangsarbeiter der Baustelle des U-Boot-Bunkers in Bremen-Farge und in den zugehörigen Lagern 1943-45“

Buchvorstellung mit musikalischer Begleitung

Unser freier Mitarbeiter Appolinaire A. Apetor-Koffi stellte am 27. März 2022 die von ihm verfasste Broschüre „Nordafrikanische Zwangsarbeiter der Baustelle des U-Boot-Bunkers in Bremen-Farge und in den zugehörigen Lagern 1943-45“ am Denkort Bunker Valentin vor. Die Band Jazzlyat begleitete die Buchvorstellung musikalisch.

Appolinaire A. Apetor-Koffi ist seit 2017 freier Mitarbeiter am Denkort Bunker Valentin. Er ist im Bereich der Recherchen – insbesondere über koloniale Verflechtungen – und der historischen Vermittlung tätig. Außerdem gestaltete er das Projekt Multi-peRSPEKTif mit. Multi-peRSPEKTif ist eine pädagogische Intervention, die es jungen Menschen mit und ohne Migrationserfahrung ermöglichen soll, sich ausgehend von Erfahrungen der eigenen Lebensgeschichte über neue Perspektiven auf Erinnerung und Gedenken auszutauschen. Die neugierigen Fragen der Teilnehmer:innen von Multi-peRSPEKTif waren es auch, die Appolinaire A. Apetor-Koffi zu den Arbeiten an seiner Broschüre anspornten.

Appolinaire A. Apetor-Koffi während der Vorstellung seiner Broschüre "Nordafrikanische Zwangsarbeiter auf der Bunkerbaustelle" © Denkort Bunker Valentin / LzpB

Ein Publikum aus über 40 interessierten Gästen war am Nachmittag des 27. März angereist, um an der Buchvorstellung im Infozentrum des Denkorts teilzunehmen. Appolinaire A. Apetor-Koffi ging in seiner Präsentation nicht nur auf den Inhalt des Werkes ein, sondern vor allem auch auf dessen spannende Entstehungsgeschichte. Er lieferte einen einzigartigen Einblick in seine Spurensuche, die sich über einen Zeitraum von 20 Monaten und über zahlreiche Orte in Deutschland und Frankreich erstreckte – und die auch nach Veröffentlichung der Broschüre noch längst nicht abgeschlossen ist.

Er legte dar, wie er sein Forschungsvorhaben ausgehend von einer einzigen Textzeile startete, auf die er in der etablierten Fachliteratur zur Bunkerbaustelle stieß. Laut dieser Nebenbemerkung seien „Afrikaner“ und „Marokkaner“ unter den Zwangsarbeiter:innen des U-Boot-Bunkers „Valentin“ gewesen – Zahlen oder andere Informationen wurden nicht genannt. Das nahm Appolinaire A. Apetor-Koffi zum Anlass, um die 7.265 Einträge im Personalienbuch der Organisation Todt nach Hinweisen auf eine mögliche afrikanische Herkunft der dort vermerkten Zwangsarbeiter, wie etwa Namen, Geburtsorte oder entsprechende Kürzel, zu durchsuchen.

Appolinaire A. Apetor-Koffi während der Vorstellung seiner Broschüre "Nordafrikanische Zwangsarbeiter auf der Bunkerbaustelle" © Denkort Bunker Valentin / LzpB
Appolinaire A. Apetor-Koffi während der Vorstellung seiner Broschüre "Nordafrikanische Zwangsarbeiter auf der Bunkerbaustelle" © Denkort Bunker Valentin / LzpB

Jeder einzelne Hinweis führte ihn wiederrum auf eine neue Spur: Listen der Arolsen Archives, Sterbeurkunden, Friedhofslisten, Krankenbücher des Marinelagers Farge, Totenbücher des Konzentrationslagers Neuengamme. Auf seiner Forschungsreise nach Caen, Frankreich, entdeckte er in den Listen der Gefangenentransporte des Durchgangslagers Compiègne mehrere Deportationszüge nach Bremen-Farge, auf denen sich auch Menschen aus Nordafrika befanden. Mithilfe dieser unterschiedlichsten Quellen konnte er schließlich mehr als 30 Namen nordafrikanischer Zwangsarbeiter ausfindig machen und teilweise auch die sich dahinter verbergenden Schicksale und Biographien rekonstruieren.

Auf einige nordafrikanische Zwangsarbeiter ging Appolinaire A. Apetor-Koffi detaillierter ein. Besonders bewegend sei für ihn die Geschichte von Akli Banoul gewesen, der sich in Frankreich für die Unabhängigkeit seines Heimatlandes Algerien einsetzte. Über mehrere Gefängnisstätten des Vichy-Regimes landete er schließlich im KZ-Außenlager Bremen-Farge. Er überlebte und erfuhr 2017 als „Held der algerischen Unabhängigkeitsbewegung“ späte Anerkennung.

Die Band "Jazzlyat" begleitete die Buchvorstellung musikalisch © Denkort Bunker Valentin / LzpB
Die Band "Jazzlyat" begleitete die Buchvorstellung musikalisch © Denkort Bunker Valentin / LzpB
Die Band "Jazzlyat" begleitete die Buchvorstellung musikalisch © Denkort Bunker Valentin / LzpB

Die fünfköpfige Band Jazzlyat sorgte mit einer Melange aus Jazz, Klassik und orientalischer Musik für eine stimmige Untermalung. Getreu seinem Namen Jazzlyat (arabisch für „im Jazz-Stil“) verband das Hannoveraner Ensemble faszinierende Musiktraditionen aus unterschiedlichen Teilen der Welt miteinander. So trafen die Jazz-Standards von John Coltrane und Miles Davis auf die Lieder der ägyptischen Sängerin Umm Kulthum und auf die traditionellen Melodien der Oud. Diese Stücke wurden nicht nur von Cello, Schlagzeug und Keyboard intoniert, sondern auch von Instrumenten wie Riq oder Daf.

Die musikalischen Passagen waren derart in den Appolinaire A. Apetor-Koffis Vortrag eingebunden, dass eine schlüssige und abwechslungsreiche Dramaturgie entstand, die das Publikum begeisterte. Die anschließende Diskussion zeigte, dass es Appolinaire A. Apetor-Koffi gelungen war, den gewohnten Blickwinkel zu erweitern, Schicksale von Menschen sichtbar zu machen, die bislang nicht gesehen wurden, und vor allem auch Impulse für eigene Nachforschungen und Fragestellungen zu setzen.

Die Buchvorstellung von "Nordafrikanische Zwangsarbeiter der Baustelle des U-Boot-Bunkers in Bremen-Farge und in den zugehörigen Lagern 1943-45" wurde veranstaltet von der Landeszentrale für politische Bildung Bremen / Denkort Bunker Valentin in Kooperation mit dem Institut français Bremen. Die Broschüre ist am Denkort Bunker Valentin und in der Publikationsausgabe der Landeszentrale für politische Bildung Bremen erhältlich.

30.11.2021 Nordafrikanische Zwangsarbeiter

Die Broschüre von Appolinaire A. Apetor-Koffi über nordafrikanische Zwangsarbeiter auf der Bunkerbaustelle ist im Infozentrum erhältlich
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Titelbild der Broschüre zeigt historische Fotos von sieben nordafrikanischen Zwangsarbeitern und Zitat "[...] als Nordafrikaner Opfer von besonderen Misshandlungen seitens der Deutschen [geworden]" (Pierre Crapier)
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