08.05. – 18.06.2021

Bunker „Valentin“: Erinnerungsort. Lebensort.

Dreiteiliger Fotozyklus

Mit einer gemeinsamen Ausstellung haben die Bremische Bürgerschaft, das Institut français und der Denkort Bunker Valentin an das Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa erinnert. Vom 8. Mai bis 21. Juni 2021 zeigten sie an allen drei Orten Fotografien von Christophe Delory.

In einem Begleitfilm sind online Teile der Ausstellungen und Interviewsequenzen mit dem Künstler sowie die Eröffnung durch den Bürgerschaftspräsidenten Frank Imhoff zu sehen: Kurzfassung | Langfassung

Christophe Delory am Denkort © Denkort Bunker Valentin / LzpB

Christophe Delory (Jahrgang 1971) ist ein französischer Fotograf, der seine Arbeit als "dokumentarischen Stil" beschreibt - eine subjektive Betrachtung mit sozialkritischem Hintergrund. Seine Werke wurden in Frankreich, Spanien und China oft ausgezeichnet. Mehrere seiner Aufnahmen wurden zudem in Belgien, Indien und nun auch Deutschland ausgestellt.

Ein Jahr lang hat sich Christophe Delory mit dem Bunker „Valentin“ in Bremen-Farge auseinander gesetzt und zahlreiche Aufnahmen angefertigt. "Jedes Mal, wenn ich beim Bunker war, hat es etwas mit mir gemacht", sagt der Fotograf. So sind über 80 ausdrucksstarke Fotografien mit unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten und in unterschiedlichen Formaten entstanden, die als die drei Kapitel des Fotozyklus Bunker 'Valentin': Erinnerungsort. Lebensort an drei Orten in Bremen zu sehen waren.

Der erste Teil der Ausstellung – „Überreste der Geschichte“ – in der Bremischen Bürgerschaft © Christophe Delory

Das erste Kapitel des Zyklus – Überreste der Geschichte –, das in der Bremer Bürgerschaft ausgestellt wurde, besteht aus Fotografien des Innenraums und der Außenansicht des Bunkers, allein und in der ihn umgebenden Natur. In einigen der Aufnahmen ist Christophe Delory selbst zu sehen; teilweise verschmilzt er förmlich mit der Architektur. Laut dem Fotografen werde der menschliche Körper angesichts der „unmenschlichen Größe“ des Gebäudes zur technischen Referenz reduziert. In diesen beeindruckenden Fotografien kommt das Bedrohliche und Beklemmende des Bunkers als Mahnmal einer schrecklichen Vergangenheit intensiv zum Ausdruck.

Der zweite Teil der Ausstellung – „Stumme Zeugen der Zwangsarbeit“ – im Institut français Bremen © Christophe Delory

Stumme Zeugen der Zwangsarbeit ist das zweite Kapitel von Bunker „Valentin“: Erinnerungsort. Lebensort. Die abstrakten Fotografien dieses Kapitels waren in großen und mittleren Formaten in den Räumen des Institut français zu sehen. Sie bilden organische Nahaufnahmen der Wände ab, gezeichnet von grauem Beton, gelbem Sand, Kieselsteinen, verrostetem Metall und Verschmutzungen. „Die Fotografie geht auf das Terrain der Malerei,“ führt Delory aus, „zeigt aber etwas, das Gemälde nicht können: die krude Realität“. Die Wände dienen damit als Zeugen des schmerzhaften Lebens der auf und im Umfeld der Baustelle eingesetzten Zwangsarbeiter:innen.

Der dritte Teil der Ausstellung – „Wie lebt man mit 500.000m³ Beton?“ – im Denkort Bunker Valentin © Denkort Bunker Valentin / LzpB
Der dritte Teil der Ausstellung – „Wie lebt man mit 500.000m³ Beton?“ – im Denkort Bunker Valentin © Denkort Bunker Valentin / LzpB
Der dritte Teil der Ausstellung – „Wie lebt man mit 500.000m³ Beton?“ – im Denkort Bunker Valentin © Denkort Bunker Valentin / LzpB

Im dritten Kapitel der Ausstellung ging es am Denkort Bunker Valentin um die Frage: Wie lebt man mit 500.000 m³ Beton? Das Kapitel umfasst Porträts und Videointerviews von und mit Menschen, die vor Ort arbeiten oder in der Nachbarschaft des Bunkers wohnen. Was heißt es für sie, im Angesicht einer solchen „historischen Tragödie“ zu leben? "Ich habe sie porträtiert und einige von ihnen haben vor der Kamera über ihr Leben gesprochen", so Delory. "Ich beteilige mich an der Erinnerungsarbeit, indem ich die Gegenwart bezeuge“. In schwermütigem Schwarz-weiß zeigen die Aufnahmen zum Beispiel die Anwohner:innen des Rekumer Siels in ihren Vorgärten oder Esszimmern, einen Wirt in seiner Kneipe oder auch die Mitarbeiter:innen des Denkorts. Von geradezu surrealer Qualität sind die Aufnahmen, die Delory am Weserstrand westlich des Bunkers angefertigt hat: Badegäste sonnen sich, Kinder buddeln im Sand, Familien und Freundesgruppen posieren für den Fotografen. Die Idylle dieses Sommertages wird einzig von dem monströsen Bau im Hintergrund gestört: das Tauchbecken des Bunkers, durch das die U-Boote in die Weser hätten eingelassen werden sollen und das wie ein riesiger, unheil-verkündender Schatten über der Szenerie thront.

Christophe Delory im Interview mit Dr. Christel Trouvé (wissenschaftliche Leitung: Denkort Bunker Valentin) für die Begleitfilme zur Ausstellung © Denkort Bunker Valentin / LzpB

Die dreiteilige Ausstellung wurde am 8. Mai zunächst digital eröffnet. In einem Begleitfilm waren online Teile der Ausstellungen und Interviewsequenzen mit dem Künstler sowie die Eröffnung durch den Bürgerschaftspräsidenten Frank Imhoff zu sehen. Im Laufe des Monats Mai öffneten sich die beteiligten Institutionen wieder für den Publikumsverkehr. Bis zum Ende des Ausstellungszeitraums konnte der Denkort Bunker Valentin über 500 Besucher:innen verbuchen, unter denen die Ausstellung begeistert aufgenommen wurde.

Impressionen der Finissage der Ausstellung am Denkort. © Denkort Bunker Valentin / LzpB
Impressionen der Finissage der Ausstellung am Denkort © Denkort Bunker Valentin / LzpB
Impressionen der Finissage der Ausstellung am Denkort. © Denkort Bunker Valentin / LzpB

Am 18. Juni war Christophe Delory schließlich für die Finissage der Ausstellung am Denkort anwesend, um mit den Besucher:innen ins Gespräch zu treten und sich mit ihnen über die Installation auszutauschen. Dabei gab es auch ein Wiedersehen zwischen dem Künstler und einigen der Menschen, die er für die Ausstellung fotografiert hatte. Nach Abschluss der Ausstellung wurde die Langfassung des Begleitfilms veröffentlicht: ein über 15 Minuten langer Hintergrundbericht mit ausführlichen Kommentaren des Künstlers und von Vertreter:innen der beteiligten Institutionen.

Bunker „Valentin“: Erinnerungsort. Lebensort wurde veranstaltet vom Denkort Bunker Valentin / Landeszentrale für politische Bildung Bremen, der Bremischen Bürgerschaft und dem Institut français Bremen. Die Ausstellung wurde gefördert von der Karin und Uwe Hollweg Stiftung, der Waldemar Koch Stiftung, dem Senator für Kultur, der Sparkasse Bremen, der Deutsch-Französischen Gesellschaft Bremen, dem Hanse-Wissenschaftskolleg und der Amicale française de Neuengamme.

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