Dienstverpflichtet
Klaas Touber wurde am 27. Juli 1922 in Amsterdam geboren. Als gelernter Schlosser sollte er 1943 Deutschland dienstverpflichtet werden. Touber kam der Anordnung nach, weil er um die Sicherheit seiner Eltern fürchtete.
Zwangsarbeit auf der Bremer „Vulkan“-Werft
Touber wurde nach Bremen gebracht, wo er beim Bremer „Vulkan“ arbeiten sollte. Der „Vulkan“ war eine auf den Bau von U-Booten spezialisierte Großwerft in Bremen-Vegesack. Schon im Ersten Weltkrieg waren dort Kriegsschiffe gebaut worden. Während des Zweiten Weltkriegs gehörte die Werft erneut zu den wichtigsten Produzenten von Kriegsschiffen. Auf dem Höhepunkt des Kriegs arbeiten dort 4500 Menschen, etwa 540 von ihnen waren Zwangsarbeiter:innen und Kriegsgefangene.
Eine Schlägerei in der Kantine
Im September 1943 geriet Klaas Touber in der Kantine der Werft in eine Auseinandersetzung. Touber wurde von einem Deutschen aus der Schlange gerissen, die um Essen anstand. Er wehrte sich, es kam zu einer Schlägerei. Ein Freund, Piet Verburg, der ihn verteidigte, bezahlte sein Eingreifen mit dem Leben. Er starb im KZ Neuengamme. Jahrzehntelang fühlt Klaas Touber sich schuldig am Tod des Freundes.
„Disziplinierung“ in Farge
Touber selbst wurde von der Bremer Gestapo in das „Arbeitserziehungslager“ Bremen-Farge gebracht. Dort sollte er 56 Tage lang bleiben. Während dieser Zeit musste Touber unter brutalsten Bedingungen Zwangsarbeit auf der Baustelle des Bunkers „Valentin“ leisten. Am Ende seiner Haft wog er nur noch 40 Kilogramm. Nach der Entlassung wurde er zurück auf die Vulkan-Werft geschickt. Von der Haft in Farge sichtbar verändert, sollte er auch als abschreckendes Beispiel für die übrigen Zwangsarbeiter:innen dienen.
Schweigen
Nach Ende des Kriegs kehrte Klaas Touber nach Amsterdam zurück. In den ersten 18 Monaten musste er wegen einer Tuberkuloseerkrankung in Kur. Nach seiner Genesung hatte Touber den Eindruck, die Folgen des Kriegs überwunden zu haben. Er begann wieder zu arbeiten. Er heiratete seine Frau Dana. Zusammen bekamen sie zwei Kinder. Mit seiner Familie sprach er nicht über seine Zeit in Deutschland.
Schreiben als Therapie
Später bekam Klaas Touber allerdings Albträume. Er wurde immer unruhiger, fühlte sich gehetzt. Vor allem während seiner beruflichen Tätigkeit geriet er deshalb häufig mit Vorgesetzen in Konflikte. 1979 ging er als „nervenkrank“ in Frührente. Erst die Arbeit mit dem Psychoanalytiker Hans Keilson half ihm, ein halbwegs normales Leben zu führen. Touber begann zu malen, vor allem zu schreiben. 1995 erschienen seine Erinnerungen an die Haftzeit mit dem Titel „Hortensien in Farge“ im Bremer Donat-Verlag.
Als Zeitzeuge in Bremen
1983 kehrte Touber zum ersten Mal nach Deutschland zurück. In Bremen traf er auf Mitglieder der „Internationalen Friedensschule Bremen-Nord“. Die Friedenschule engagierte sich für die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Verbrechen in Bremen. Gemeinsam mit den Bremer Aktivist:innen besuchte Klaas von nun an Veranstaltungen und Schulen, um von seinen Erfahrungen zu berichten. 1999 erhielt er den „Franco-Paselli-Friedenspreis“ der Friedensschule.
Bitte um Anerkennung
1986 wandte sich Klaas Touber an den Bremer „Vulkan“. Er bat um eine kleine Entschädigung. Er schilderte seine Erlebnisse auf dem „Vulkan“: Die Arbeitsbelastung, die Angst bei Luftangriffen, den Hunger. Er schilderte die Albträume, die ihn immer noch verfolgten. Er habe ein Trauma: Farge und der „Vulkan“ seien immer noch in seinem Kopf. Er bat um 100 Mark für jeden Monat geleisteter Zwangsarbeit. 360 Mark wären es insgesamt gewesen.
Bitte um Verständnis
Der Vorstand des „Vulkan“ – an seiner Spitze Friedrich Hennemann – lehnte ab. Man habe keine Unterlagen mehr, die den Anspruch begründen könnten. Außerdem gehe es der Werft wirtschaftlich schlecht. Und wenn man Touber entschädige, hätten auch viele weitere ehemalige Zwangsarbeiter:innen Anspruch auf eine Entschädigung.
Ein letzter Bericht
Klaas Touber gab den Mitarbeiter:innen des Denkort Bunker Valentin 2010 ein lebensgeschichtliches Interview. Nur wenige Monate später, am 23. Januar 2011 starb er im Alter von 88 Jahren in seiner Heimatstadt Almere.