Mediziner im Wehrkreis X
Heinrich Johannes Berning wurde am 21. Mai 1908 in Münster geboren. Nach dem Abitur an einem humanistischen Gymnasium studierte er Medizin in Münster, Köln, München und Berlin.
Heinrich Berning, inzwischen Mitglied der NSDAP und der SS, arbeitete nach Ende des Studiums als Assistenzarzt in Dortmund. Dort traf er auf seinen späteren Lehrmeister, Professor Hans Heinrich Berg. Gemeinsam wechselten Berning und Berg 1935 an das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Mit Kriegsbeginn wurde Berg, Oberfeldarzt der Reserve, beratender Internist beim stellvertretenden General-Kommando des Wehrkreises X. Er war damit medizinisch verantwortlich für den Wehrkreis, vor allem auch für die Kriegsgefangenenlager im Raum Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen. Heinrich Berning war sein Stellvertreter in dieser Funktion.
Experimente an Häftlingen
Berning forschte während des Kriegs auch zu Hungerkrankheiten. Im Herbst 1941 hatte er begonnen, Experimente zu den Folgen von Eiweiß- und Kalorienmangel durchzuführen. Sein Untersuchungsobjekt waren 56 sowjetische Kriegsgefangene aus dem Kriegsgefangenenlager XD in Wietzendorf bei Soltau. Die sowjetischen Soldaten wurden in eine eigens errichtete geschlossene Abteilung im Reservelazarett V in Hamburg-Wandsbek gebracht. An ihnen erforschte Berning nun, welchen Einfluss die Art der Ernährung und die Anzahl der verabreichten Kalorien auf die Entwicklung von Hungerkrankheiten hatte. Zwölf der 56 Häftlinge starben im Untersuchungszeitraum. Berning veröffentlichte die Ergebnisse 1944. Dafür erhielt er den Kriegsmartini-Preis der Stadt Hamburg.
Untersuchungen in Bremen-Farge
Im März 1944 reiste Berning mit seinem Chef Hans Heinrich Berg nach Farge. Einige Firmen hatten sich über den Ausfall von Arbeitskräften beschwert. Der vor Ort zuständige Stabsarzt, Dr. Fölsch, schaltete daraufhin das Oberkommando des Wehrkrieses X ein, das nun Berning mit Nachforschungen beauftragte. Die Ergebnisse des Gutachtens stützen sich auch auf die Erkenntnisse, die Berning 1941 aus seinen Versuchen an sowjetischen Kriegsgefangenen aus dem Lager Wietzendorf gewonnen hatte.
Veröffentlichung nach dem Krieg
1949 veröffentlichte Berning die Ergebnisse seiner Forschungen erneut, diesmal unter dem Titel „Die Dystrophie“. Das Buch gilt noch immer als Standardwerk. Grundlage des Buches waren „unsere Erfahrungen während der vergangenen sechs Jahre“, schrieb Berning im Vorwort. Behandelt worden seien „Lazarettkranke verschiedener Nationalitäten“. Dass es sich um Experimente an Kriegsgefangenen handelte, die vorher gar nicht krank gewesen waren, schrieb er nicht. Auch von den zwölf Toten ist nicht die Rede. Das Buch ist bis heute antiquarisch zu erwerben.
Karriere ohne Bruch
Berning wurde problemlos entnazifiziert. Er kehrte in seinen Beruf als Arzt zurück, lehrte weiter in Eppendorf und übernahm 1969 eine Professur für Innere Medizin an der Universität Hamburg. Von 1963 bis 1974 leitete er außerdem das Allgemeine Krankenhaus in Hamburg-Barmbek. 1983 allerdings eröffnete die Staatsanwaltschaft Hamburg Ermittlungen wegen Mordes gegen den inzwischen pensionierten Heinrich Berning. Das Verfahren wurde jedoch eingestellt. Berning starb am 23. Februar 1994 in Hamburg.