Podcast Genau, nehmen sie gerne Platz bereiten sich gerne auf den Abend vor wir werden jetzt beginnen und bevor wir hier mit unserem Gespräch auf der Bühne beginnen, möchte ich gerne Martin Hořák nach vorne bitten, der begrüßen wird für den Deutsch-Tschechischen Zukunftsfond, der diese Veranstaltung unter anderen ermöglicht hat. Ja, vielen Dank für das Wort. Ich wollte sie kurz begrüßen im Namen des Zukunftsfonds aber nicht nur institutionell, sondern weil viele von ihnen uns persönlich kennen. Also meine Kollegen und Kolleginnen, die auch ihre Grüße, an sie schicken, auch im Namen unser Geschäftsleitung. Sicher, dieses Projekt erweckte unser Interesse eigentlich aus mehreren Gründen, das ist mehrfaltige Inspiration und auch Interesse einerseits. Ich würde sagen, es lockte uns etwas, was man schon als Phänomen Bremen nennen kann. Weil Bremen ist auch eigentlich ein Brennpunkt der deutsch-tschechischen Zusammenarbeit in Deutschland. Hier sind verschiedene, engagierte Persönlichkeiten, wie Frau Cerna. Hier sind schon auch Vereine und es entwickelt sich auch eine Zusammenarbeit. Also es ist ein wichtiger Brennpunkt, um den wir uns auch ein bisschen kümmern wollten. Also das war auch ein Grund, warum wir das Projekt unterstützt haben. Der weitere, wichtige Grund ist das Thema an sich: Zwangsarbeiter. Vielleicht einige von ihnen wissen, dass der Zukunftsfond war früher einer der Protagonisten des internationales Projekts für Entschädigung der Naziopfer. Es hängt auch mit meiner professionellen Karriere zusammen und wir sind immer immer froh, wenn eine neue Initiative entsteht und geforscht und erinnert wird und so weiter. Also das sind diese zwei wichtige Gründe. Wir haben das Projekt also nicht nur finanziell unterstützt aber auch teilweise fachlich, weil wir verwalten seit den Jahren des Entschädigungsprojekts auch einige Unikate, eine Sammlung der Dokumente. Es sind in etwa 100.000 Personen im Rahmen der der dieser Sammlung dokumentiert. Und unsere Kollegin Šárka Jarská, die mit uns auch extern zusammenarbeitet macht eine vorläufige Recherche zu diesem Thema. Also es gibt viele, viele Gründe für uns unser Interesse und für unsere Unterstützung. Zum Schluss möchte ich mich also ganz herzlich bedanken, dass sie Mut haben auch diese schwierige Geschichte aufzuarbeiten, dass sie den Blick auch auf die tschechischen Zwangsarbeiter lenken weil, wie ich gehört habe, früher sprach man hauptsächlich über sowjetische Kriegsgefangene oder französische oder Konzentrationslager- Häftlinge. Aber bislang war nicht so prägnant auch diese Gruppe der tschechischen Zwangsarbeiter thematisiert. Also dafür herzlichen Dank [Applaus]. Ja, Dankeschön Martin Hořák für diese Begrüßung hier zu diesem gemeinsamen Abend. Ich würde jetzt bitten, dass unsere Podiumsteilnehmer:innen zu mir nach vorne kommen. Während sie sich einfinden jetzt auch von mir offiziell die Begrüßung hier zu dieser Veranstaltung. Mein Name ist Klaas Anders, ich bin Historiker an der Universität Bremen und darf Sie und darf Euch ganz herzlich hier begrüßen am Denkort Bunker Valentin, ja der zentralen Gedenkstätte im Land Bremen in Trägerschaft der Landeszentrale für politische Bildung in Bremen und bevor ich hier das Podium vorstelle und mit der Veranstaltung anfangen, möchte ich die Gelegenheit auch nutzen um nicht nur den deutsch-tschechischen Zukunftsfond herzlich zu danken sondern auch den den vielen, vielen Organisationen und Institutionen, die in einer kollektiven Kraftanstrengung diese Veranstaltung möglich gemacht haben. Das ist allen voran natürlich der Denkort Bunker Valentin und die Landeszentrale für politische Bildung, die uns hier zu Gast sein lassen, wofür uns herzlich bedanken und diese Veranstaltung eben auch mit vorbereitet und geplant haben in enger Zusammenarbeit mit den Bremer Bündnis für deutsch-tschechische Zusammenarbeit. Das eben auch als einer der zentralen Vereine in Nordwestdeutschland die deutsch-tschechischen Beziehungen und deutsch-tschechische Geschichte fördert und dazu immer wieder Veranstaltung anbietet. Und an dieser Stelle auch der Hinweis, dass diese Veranstaltung heute gewissermaßen das soft opening ist für das deutsch-tschechische Kulturfestival: "So macht man Frühling", was dann ab morgen in Bremen stattfinden wird. Nehmen Sie sich gerne ein Programmheft mit, die am Infodesk ausliegen. Da sind viele, viele spannende Veranstaltung dabei unter anderen morgen Abend die Eröffnung zur Geschichte der Swing-Jugend, der Verfolgung der Swing-Jugend im Nationalsozialismus und gegenwärtigen Perspektiven aus Deutschland, Polen und der Tschechischen Republik. Auch die morgige Veranstaltung wird eine Kombination sein aus Podiumsdiskussion und Konzert. Sie sind ganz herzlich eingeladen auch den Abend mit uns zu verbringen. Genau neben diesen Organisationen ist der dritte Kooperationspartner, der diese Veranstaltung möglich gemacht hat. die Universität Bremen, genauer gesagt der Forschungsverbund worlds of contradiction mit dem DFG geförderten Graduierten-Kolleg contradiction studies. Und wir bedanken uns auch ganz herzlich für die Kooperation mit der Stiftung Erinnern für die Zukunft, die ebenfalls der Landeszentrale nahe steht, sowie der Heinrich- Böll-Stiftung und der Rosa-Luxemburg-Stiftung, die eben als Kooperationspartner und Partnerinnen diese Veranstaltung möglich gemacht haben. So, nachdem wir jetzt mit diesen Formalitäten durch sind freue ich mich auch ganz herzlich hier mit mir begrüßen zu können, ich fange mal ganz außen an, Dr. Šárka Jarská von der tschechischen Organisation Živá paměť auf Deutsch: "lebendige Geschichte / lebendiges Gedächtnis / lebendige Erinnerung", die sich ausgiebig mit der Geschichte von tschechischen Zwangsarbeiter:innen beschäftigt hat. Herzlich willkommen! "Ja, vielen Dank für die Einladung. Kann man das gut hören? Ja, vielen Dank für die Einladung. Ich bin hier sehr gerne und es ist wirklich schön, dass wir uns auch mit diesem Thema befassen können, weil wir in der Lebendigen Erinnerung uns mit diesem Thema seit schon 2003 befassen und es ist schön, dass wir jetzt zu diesem Thema auch in Bremen zusammentreffen." Dann machen wir weiter mit der Kollegin Ksenja Holzmann hier vom Denkort Bunker Valentin, die als pädagogische Mitarbeiterin hier eben vor allen, die Gedenkstättenpädagogik, den Wissenstransfer, macht die Arbeit mit Schulklassen und allen Besucher und Besucher:innen, die eben hier hinkommen. "Hallo und herzlich willkommen hier im Donkort Bunker Valentin. Ich mache nicht nur Bildungsarbeit mit Schüler:innen sondern mit allen Menschen, die hierherkommen." Genau. Und dann möchte noch begrüßen Marieke Wist, die hier neben mir sitzt und die Historikerin und Journalistin ist und sich auch in ihrer wissenschaftlichen Arbeit mit der Muna Lübberstedt beschäftigt hat und auch eben Teil des Arbeitskreises Muna Lübberstedt ist. Die den Ort Lübberstedt, ungefähr 30 km von hier, betreut und über den wir eben dann heute auch noch einiges hören werden. "Ja, von mir auch danke für die Einladung." Ganz besonders freue ich mich sie zwar noch nicht hier zu begrüßen aber schon mal anzukündigen und zwar, sie werden es gesehen haben, bei der Ankündigung dieser Veranstaltung, sie haben nicht nur die Freude hier 50 Minuten ungefähr diesem Gespräch zu zuhören sondern im Anschluss auch das Konzert der Band oder der tschechischen Schauspielerin und Musikerin Monika Načeva und ihrer Band Zdivočelí koně erleben zu können, die eben nach dieser Veranstaltung hier noch ein Konzert geben werden. Dazu gegen Ende dieses Teils noch einmal mehr. Noch ein organisatorischer Hinweis, es werden zwischendurch Teilnehmer:innen-Listen rumgehen, in denen Sie sich gerne freiwillig eintragen können das ist für die Finanzierung dieser Veranstaltung nicht ganz unerheblich. So, nach diesem ausufernden, organisatorischen Begrüßungspart kommen wir jetzt auch endlich dazu, warum denn diese Gäst:innen hier auf dem Podium mit mir sitzen. Denn wir haben uns heute vorgenommen im Vorlauf dieser Veranstaltung uns über das Thema der tschechischen und im begrenzten Maße auch der tschechoslowakischen Respektive slowakischen Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen, nicht nur hier in Bremen-Farge, sondern in der gesamt Region Bremen und Umzu zu beschäftigen und wir haben bei der Vorbereitung dieser Veranstaltung gemerkt, dass wir im Grunde eigentlich gar nichts wissen. Dieser, erstmal etwas schwierige Befund, hat es dazu geführt, zu überlegen, dass wir das ändern müssen und dass wir hier heute ein kleines Werkstattgespräch anbieten wollen um eben mit Vertreter:innen verschiedener Organisationen eine Bestandsaufnahme zu machen. Was wissen wir denn eigentlich, wo sind Orte, wo wissen gibt, warum wissen wir so wenig und was ist eigentlich diese fast schon vergessene oder zumindest nicht ausreichend erinnerte Opfergruppe hier in Bremen-Farge und auch in der Region. Deswegen erwarten Sie heute hier keinen Abend, der Sie mit vollständigen, aufgearbeiteten Informationen entlässt. Es ist, wie gesagt, eher ein Werkstattgespräch, ein offener Rahmen und wir schauen mal. wohin uns dann dieser Abend bringen wird. Und damit - jetzt ist der Name Bremen-Farge schon vielfach gefallen - wir sind hier in Bremen-Farge, im Bunker Valentin, im Denkort Bunker Valentin und natürlich müssen wir diesen Abend dann auch beginnen mit unseren Gastgeber:innen. Deswegen möchte ich gerne das Wort übergeben an Ksenja und dich bitten, uns alle einmal abzuholen. Viele von ihnen werden vielleicht auch das erste Mal oder erst ist das zweite Mal oder so hier am Ort sein, deswegen Ksenja, wo sind wir denn hier heute und und warum sind wir hier heute? "Ja, vielen Dank für die erste Frage. Wir sind jetzt hier ganz lokal im Informationszentrum des Denkort Bunker Valentin. Und der Denkort Bunker Valentin ist ein historischer Ort, der die Geschichte der Bunkerbaustelle Valentin thematisiert und das bedeutet, wir sprechen hier über die Zwangsarbeit, die von 1943 bis 45 hier passiert ist. Das bedeutet, wir sprechen von ungefähr 10 000 Zwangsarbeiter:innen aus verschiedenen Ländern und verschiedenen Nationen, verschiedenen Herkünften. Es gab auch einen Zeitzeugen, der gesagt hat, es ist ein "Europa im Kleinen". Mittlerweile wissen wir aber auch von Zwangsarbeiter:innen, die aus Nordafrika hierher deportiert worden sind und wie viele andere Orte ist es auch hier ein sehr westlich geprägter Ort, das bedeutet, es gibt sehr viele Wissensstände über französische Zwangsarbeiter:innen oder Zwangsarbeiter:innen aus den Niederlanden, aber der Blick auf das sogenannte Osteuropa - und da fängt es schon an, wo fängt Osteuropa an und wo hört Osteuropa auf - dass da sehr wenig da ist und das zeigt sich dann auch in den verschiedenen Lagern, die eben zu dieser Baustelle gehörten. Es gab hier sieben unterschiedliche Zwangsarbeitslager und das heißt auch verschiedene Formen von Zwangsarbeit. Und da haben wir nicht zu allen Lagern einen guten Forschungsstand und das ist eine Herausforderung in dieser Arbeit und das heißt, das ist mit ein Grund, warum wir hier sind wir haben Fragmente mit denen wir arbeiten und an diesen Fragmenten müssen wir anknüpfen und es bedarf eigentlich einer guten Grundlagenforschung, die wir aber eigentlich als kleine Gedenkstätte bis mittlere Gedenkstätte nicht unbedingt leisten können und deswegen sind wir eigentlich angewiesen auf Kooperationspartner:innen auf Historiker:innen, auf andere Institutionen Vereine und deswegen ist auch dieses Werkstattgespräch hier auch unglaublich wichtig um eben da auch sich zu vernetzen und anzugucken, wo können wir denn eigentlich anschließen." Dankeschön, ja von der von der kleinen Gedenkstätte hin zur kleinsten Gedenkstätte quasi, wir haben uns gedacht, als wir eben diesen Abend konzipiert haben, wir erweitern den den Blick weiter in die Region hinein und sind da eben dann auch auf den Ort Muna Lübberstedt, ungefähr 30/33 km von hier entfernt, gekommen. Also soweit weit weg haben wir dann auch nicht geschaut, aber eben um zu gucken, ob wir die Geschichte der Region mit einen weiteren Blick besser erzählen können, haben uns dazu entschlossen und freuen deswegen sehr dass Marieke Wist hier ist. Deswegen wäre auch meine Frage an dich, weil der Ort wahrscheinlich noch weniger bekannt ist als eben hier der Denkort Bunker Valentin, was für ein Ort war die Muna Lübberstedt und wie bist du dazu gekommen, dich mit diesem Ort zu beschäftigen? "Genau also die Muna Lübberstedt war eine Munitionsanlage während des Zweiten Weltkrieg, wie der Name schon sagt und es wurden dort ungefähr 450 Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen gezwungen in der Munitionsanlage zu arbeiten oder halt auch beim Schienenbau oder in den umliegenden Dörfern und dazu kommen noch mal ungefähr 500 Jüd:innen aus dem KZ Neuengamme, das war auch ein Außenlager. Und ungefähr in den 90ern hat sich dann der Arbeitskreis Muna Lübberstedt gegründet und hat angefangen, das zu erforschen aber natürlich alles nebenbei, also das war alles Hobby-Historiker:innen, sage ich mal so. Bis heute gibt's halt nur wenig Forschungsarbeiten dazu es gibt z.B. also in den 90ern ist auch das ein großes Werk entstanden und dann gibt's noch kleinere Forschungsarbeiten. Ja, aber der Forschungsstand ist halt immer noch nicht besonders gut und ja, warum ich mich damit auseinandergesetzt habe, weil ich aus Lübberstedt komme, also es ist mein Heimatort, da bin ich quasi aufgewachsen und dann im Geschichtsstudium habe ich mich mit Zwangsarbeit auseinandergesetzt und fand es natürlich wichtig diesen Ort zu erforschen, der halt quasi direkt vor der Haustür liegt." Dankeschön, dann gehen wir einmal weiter zu Šárka Jarská, die eben nicht aus einer Gedenkstätte in dem Sinne zu uns hergekommen ist aber eben von der tschechischen Institution Živá paměť, eine Institution deren Aufgabe es eben auch ist, die Erinnerung der Verfolgten totalitärer Regime insbesondere der Opfer des Nationalsozialismus zu pflegen. Wie formuliere ich das am besten? Wie ist ihre Erfahrung mit eben diesen kleinen Gedenkstätten, die wir auch eben hier in Nordwestdeutschland primär haben? Welche Rolle spielen diese Orte auch für ihre Arbeit in Prag? "Also ich meine, dass sowohl große als auch kleine Denkorte sehr wichtig sind, dass wir immer Zeitzeugen finden, die in großen Städten und auch in kleinen Städtchen oder Dörfern in Deutschland gearbeitet haben während des Zweiten Weltkriegs. Die böhmischen Länder wurden zum Protektorat und die Bevölkerung wurde zur Zwangsarbeit nach Deutschland oder in die besetzen Gebiete gebracht und es waren nicht wenige Menschen. Also die Historiker sagen dass ist fast eine halbe Million von ehemaligen Protektorats-Angehörigen, ja, also eine solche Anzahl könnte es sein und das ist ziemlich viel. Also ziemlich viele Menschen. Fast jede größere Familie hatte jemanden, der zur Zwangsarbeit nach Deutschland transportiert wurde und man konnte dieser Zwangsarbeit nicht entgehen. Also seit dem Jahr 1942 sprechen wir wirklich über eine Zwangsarbeit, die, wenn man sich entziehen wollte, man wurde bestraft oder in Haft gesetzt: Also es gibt große Gedenkorte oder auch kleine Stätten, wo die tschechische Bevölkerung gearbeitet hat und es überrascht mich wieder, dass ich oder dass wir auch in Zusammenarbeit mit anderen Archiven fast immer jemanden finden der auch in einer kleinen Stadt gearbeitet hat und dass wir während der Zeit schon an mehreren z.B. Ausstellungen teilgenommen haben. Auch in kleineren Orten, wo wir einen Beitrag zu dieser Lokalgeschichte beitragen können." Bleiben wir vielleicht noch mal bei dem Bereich, weil die Institution Živá paměť den wenigsten im Raum etwas sagen wird, könntest du vielleicht noch mal ein bisschen erzählen, was was ist eure Arbeit was macht ihr primär, wie müssen wir uns das vorstellen? Also "Lebendige Erinnerung" entstand im Jahre 2003 und wurde gegründet von einigen ehemaligen Mitgliedern oder Mitarbeitern vom deutsch-tschechischen Zukunftsfond, der in den Jahren zuvor die Zwangsarbeiter entschädigte oder die Entschädigungsleistungen in der Tschechischen Republik durchführte. Und die Mitbegründer, wo auch Herr Hořák heute hier ist, haben sich gesagt, dass wir mit dieser Arbeit ein bisschen weitermachen sollten, um dieses Erbe auch ein bisschen für die weiteren Generationen zu bewahren. Also das ist die eine Aufgabe von "Lebendige Erinnerung", also die Ausstellungen, Archivrecherchen und vielleicht auch Bildung in dieser Richtung zu machen. Und wir haben noch eine andere Aufgabe, die ebenso wichtig und vielleicht zu früheren Zeiten auch noch wichtiger war, die soziale Arbeit, weil die Kollegen, die diese soziale Arbeit machen, kümmerten sich und auch jetzt kümmern sie sich um die ehemaligen Zwangsarbeiter, die noch am Leben sind. Also mit verschiedenen kulturellen Veranstaltungen, mit Kontaktzentren, die wir nicht nur in Prag haben, sondern auch in den Regionen. Also es sind diese zwei Arbeitsbereiche, die wir haben und noch bis heute haben." Dankeschön. Jetzt kommen wir ein bisschen zu dem, warum wir uns heute hier primär getroffen haben, um eben über den Wissensstand darüber zu sprechen, was wir wissen - was wir nicht wissen. Da würde ich wieder mit dir, Ksenja, anfangen. Du hast ja aber eingangs schon die vielfältige oder sehr unterschiedliche und auch teilweise sich wechselnde, bewegende Lagerlandschaft um den Ort hier und in Farge angesprochen. Nun sind wir, wenn Besucher:innen hier über das Gelände laufen, ist die Gruppe von tschechischen/tschechoslowakischen oder slowakischen Zwangsarbeiter:innen im Prinzip nicht wirklich sichtbar. Woran liegt das? "Auf den Punkt gebracht, das liegt zum Teil daran, dass die die Lagerlandschaft hier, die sogenannte Rüstungslandschaft, wovon wir sprechen, weil der Denkort Bunker Valentin bzw. die Bunkerbaustelle nur ein Teil eines großen Rüstungsprojekts war. Das heißt, also bevor die Baustelle hier angefangen wurde 1933 im Sommer gab es noch zwei andere Rüstungsprojekte. Und das erste Rüstungsprojekt war für die Wehrmacht, wo dann Tanklager gebaut werden sollten um dort Kerosin einzulagern für die Luftwaffe. Und die haben angefangen mit der ersten Infrastruktur mit den ersten Lagern, die hier einzurichten. Und das allererste Lager war das sogenannte WiFo- Lager, auch genannt Lager Tesch. WiFo-Lager deswegen, weil die Wirtschaftliche Forschungsgesellschaft, abgekürzt, WiFo, eine Tarnfirma war, die eben diese Tanklager bauen sollten und die haben dieses Lager eingerichtet. Und es wird auch Lager Tesch genannt, weil eben die Firma Gottlieb Tesch GmbH mit am Bau beteiligt war und das ist der Moment, wo die tschechischen Zwangsarbeiter:innen hier genannt werden, weil sie die erste Gruppe war, die hier in der Region eingesetzt wurde von Zwangsarbeiter:innen. Und sie wurden in den WiFo-Lager eingesetzt. Das war ein Gemeinschaftslager, das bedeutet, es waren nicht nur tschechische Zwangsarbeiter:innen dort und bei der Recherche ist mir tatsächlich aufgefallen, wir sprechen von tschechischen Zwangsarbeiter:innen, wir wissen nicht, ob es tschechoslowakische oder slowakische Zwangsarbeiter:innen waren, weil wir bisher in unserer Datenbank 69 Namen haben von tschechischen Zwangsarbeiter:innen und die Orte, wo sie lokalisiert sind, ist einmal das Lager Tesch, also das Wifo-Lager, das sogenannte Marine-Gemeinschaftslager mit einigen wenigen Namen und auch das sogenannte Arbeitserziehungslager, wo auch einige Personen genannt wurden sind. Und bei dem Lager Tesch ist es so dass die Quellenlage sehr schwierig ist, da wissen wir gar nicht so viel, obwohl es eins der ersten Lager war und da ist wieder - die Grundlagenforschung müsste gemacht werden. Da müsste auf jeden Fall noch mal recherchiert werden und dazu kommen wir einfach nicht, weil wir uns sehr stark darauf fokussieren, die Bunkerbauchstelle zu erklären, zu vermitteln, die Zwangsarbeit des Mikrokosmos NS-Zwangsarbeit, weil hier eben wirklich fast jede Form von Zwangsarbeit genutzt wurde, eingesetzt wurde und das ist schon super komplex, wenn man sich nur auf dem Bunker fokussiert und wenn man auch noch die beiden anderen Rüstungsprojekte hinzuzieht, wird es noch komplexer. Das heißt, also da müssen wir auf jeden Fall noch nacharbeiten. Und es stimmt, es gibt keine Biografie auf dem Rundweg, die eine tschechische oder slowakische Person darstellt, weil wir eben nur Buchstücke von Biografien haben und wir versuchen auch auf dem Rundweg auf jeden Fall ein Foto von einer Person zu zeigen und einen Ausschnitt aus einem Egodokument. Das bedeutet, ein Zitat, damit wir sozusagen die Personen sichtbar machen und wir haben keine Dokumente und wir haben kein Foto. Und das ist so, das ist mit ein Problem. Aber, wie gesagt, es ist auch dieser Western Gaze auf die Geschichte der Zwangsarbeit und auch auf die Geschichte vom Zweiten Weltkrieg. Das es sehr eurozentristisch ist, aber auch sehr westlich geprägt, dass wir gar nicht so gucken, okay, was ist eigentlich so unabhängig davon noch zu finden und wer war noch betroffen, wer war verfolgt. Also die Differenzierung von Verfolgungsgründen ist total wichtig. Aber Wir schaffen es leider nicht alleine, deswegen brauchen wir Allianzen." Diesen Appell nehmen wir auf jeden Fall schon mal mit und werden da bestimmt drauf zurückkommen. Vielleicht, um das noch mal mit aufzunehmen, der Titel dieser Veranstaltung oder der Untertitel dieser Veranstaltung hatte eben die Doppelbezeichnung tschechoslowakisch, Tschechoslowaki:nnen geführt, was vielleicht auf den ersten Blick erstmal ein bisschen irritierend sein kann. Wir hatten das auch in Vorgespräch eben noch mal das Thema, dass natürlich die Slowakei als faschistischer Staat während der Zeit des Zweiten Weltkrieges eine deutlich andere Perspektive hatte als eben das besetzte Protektorat Böhmen und Mähren. Und wir haben jetzt die Situation, dass gerade in den beschränkten Quellen, die wir haben, die nationalen Zugehörigkeiten nicht unbedingt einfach auseinander zu halten sind. Deswegen hatten wir etwas unbeholfen diese Bezeichnung mit hineingenommen um eben alle abbilden zu können auf deren Spuren wir vielleicht stoßen, stoßen werden oder schon gestoßen sind. Man muss natürlich auch sagen, dass es heute Abend hier im Endeffekt primär um tschechische Zwangserbeiter und Zwangsarbeiterinnen gehen wird und die slowakische Perspektive eine eher untergeordnete Rolle dabei spielt. Wir werden noch am Ende dieses Gespräches noch mal aus Zeitgründen wirklich sehr kurz aber auch die Gelegenheit haben für Fragen oder Kommentare. Das dann gegen Ende dieser Veranstaltung. Genau. So. Wir haben schon gehört, wir wissen, hier am Ort relativ wenig. Der Appell, hier mehr Grundlagenforschung durchzuführen und zu finanzieren, haben wir gehört und werden wir mitnehmen. Wir hoffen, dass dieser Abend dann nur der Anstoß ist, eine längere Auseinandersetzung mit diesem Thema. Schauen wir nochmal eben die paar Kilometer weiter zur Muna Lübberstedt. Wenn man versucht, Information zu finden über die Geschichten tschechischer Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen hier in der Region und sich dann durch Google Seiten durchklickt, landet man teilweise bei dem ehemaligen US-amerikanischen Botschafter in Prag der Obama-Administration, Norman Eisen, weil in einem Google-Books-Auszug der online ist, darin steht, die Worte Zwangsarbeit, Tschechien, Bremen, Muna Lübberstedt, vorkommen. Weil er eben unter anderen in diesem Buch darüber schreibt - das Buch heißt The Last Palace - über die Geschichte seiner Mutter, die eben aus Prag zum Arbeitseinsatz nach Lübberstedt verschleppt wurde, den Arbeitseinsatz überlebt, dann in die USA immigriert und eben dieser Norman Eisen dann seine Rückkehrgeschichte mehr oder weniger schildert. Und das ist eben eine Verknüpfung. Und das heißt, wenn man nach diesen Begriffen googelt, landet man irgendwie bei der Muna Lübberstedt. Also Marieke an Dich die Frage, was wisst ihr im Arbeitskreis und was weißt Du auch über die Geschichte tschechischer Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen am Ort? "Ja, wir wissen auch sehr wenig oder fast gar nichts. Also in den bisherigen Forschungsarbeiten wurde das noch nicht aufgegriffen. Es gibt einige Forschung zu russischen oder polnischen oder ukrainischen Zwangsarbeitern und Zwangsarbeiterinnen. Also in den Forschungen wird immer nur von diesen Herkunftsländern gesprochen in Bezug auf die Muna Lübberstedt oder im Bezug auf die Jüd:innen aus dem KZ Neuengamme wird davon gesprochen, dass sie aus Ungarn kommen. Genau, also uns liegen bisher oder am bisherigen Forschungsstand werden tschechische oder slowakische Zwangsarbeiter:innen nicht erwähnt bisher. Aber ja, also scheinbar gibt es Dokumente und ja, das kann auch sehr gut sein, dass es da also noch mehr dazu gibt. Es gibt z.B. Berichte, in denen aufgezählt wird von der Gestapo Bremen, wer in der Muna Lübberstedt inhaftiert wurde. Und da wird dann hauptsächlich auch von ja den sogenannten Ostarbeitern gesprochen, also nicht differenziert, aus welchen Herkunftsländern sie kamen. Genau deswegen kann es gut sein, dass es da noch einige Dokumente gibt, mit denen man sich beschäftigen könnte und mit denen man das Thema mehr aufarbeiten könnte. Wir haben ja vorhin auch schon kurz gesprochen, dass es da auf jeden Fall noch was gibt. (Šárka Jarská:) "Ja, ich war sehr neugierig, als Klaas mich angesprochen hat, wer von den tschechischen Zwangsarbeitern in Bremen war und sogar im Bunker Valentin. Also habe ich auch ein bisschen nachgeforscht und ich habe festgestellt, dass sich dazu oder das allgemein dazu, nicht zu viel geschrieben wurde, dass wir allgemein wissen, dass viele von den tschechischen Zwangsarbeitern z.B. als Mitglieder der Organisation Todt oder technische Nothilfe in der Region waren. Z.B. in Hamburg und Kiel und wir haben in Živá paměť/"Lebendige Erinnerung" auch mehrere Interviews mit Zeitzeugen gemacht und hier habe ich ein Interview gefunden, das auch auf Deutsch erhältlich ist mit Herrn Novotný, der in Bremen war, aber nicht im Bunker Valentin sondern bei einigen Elektrofirmen. Er hat Motoren zusammengestellt oder sowas, in einer Firma. Und dann habe ich nicht soviel gefunden, es war noch erhältlich eine Biografie eines Mannes, der beim Luftschutz war und Arbeitsbataillon L bei der Organisation Ley und hier bei dieser Organisation in diesen Bataillonen waren viele tschechische Zwangsarbeiter und sie waren in dieser Region. Also einige Zeit waren sie in Bremen, dann z.B. weiter nach Hamburg, Kiel, Lübeck und sie bewegten sich während des Krieges durch dieses Gebiet. Aber es gibt auch Dank der Tätigkeit des deutsch-tschechischen Zukunftsfonds Archivmaterialien, die auch aus Bremen da sind und die so unerforscht sind, weil sie nicht zur Forschung da waren. Die Materialien waren da wegen der Entschädigung. Und aus diesem Grund wurden diese zusammengesammelt. Aber sie bieten auch sehr interessante Informationen. Und ich konnte Dank dem deutsch-tschechischen Zukunftsfond einen Blick werfen in diese Materialien. Und wir haben festgestellt, dass in Bremen ... also es wurden etwa fast 400 Menschen entschädigt, nach dem Jahr 2000 und davon könnten wir so schätzen, dass vielleicht in Bremen bis 2000 tschechische Zwangsarbeiter gewesen sein könnten. Das ist eine Schätzung, weil nicht alle Menschen haben die Entschädigung erlebt, weil es zu spät gekommen ist. Also das ist nur so meine Schätzung, dass wir mit auch bis 2000 Menschen rechnen könnten. Weil nach einer Statistik im Jahre 1943 waren in der damaligen Nordmark nach den Statistiken 12.000 tschechoslowakische/tschechische Zwangsarbeiter tätig. Also ich habe auch geguckt, in welchen Firmen oder in welcher Industrie sie tätig waren und es war vor allem also Flugzeugbau, Schiff und Maschinenbauindustrie, Rüstungsindustrie. Aber einige Menschen waren auch in der Brotfabrik, in einem Café, Bäckerei und Konditorei in einer Dampfziegelei, in der Wollkämmerei, Dachdeckerei oder in einer Jute-Spinnerei, auf verschiedenen Baustellen oder beim Focke-Wulf-Flugzeugbau. Also an verschiedensten Orten, gewöhnlich also in der Industrie, manchmal auch im Gewerbe, nur selten in der Landwirtschaft. Dort waren vor allem die polnischen Zwangsarbeiter und die Ostarbeiter. Leider habe ich nur die Möglichkeit, auch wegen der Zeit, nur einiges durchzugehen aber trotzdem habe ich etwas interessantes für unser Publikum vielleicht gefunden! In einer Biografie von einem Herren, der Vladislav hieß, habe ich in einem Brief, der er an de deutsch-tschechischen Zukunftfond geschrieben hat, folgendes gelesen: "Nach unserer Ankunft in Bremen arbeiteten wir in den Werften am Bau des Trockendocks. Nach einem Luftangriff bei dem unser Lager völlig zerstört wurde, wurden wir in das Kriegsmarinelager Bremen-Farge verlegt. Hier bauten wir einen riesigen Bunker. Die Deutschen sagten für U-Boote. Hier waren die Bedingungen sehr schlecht. Wir arbeiteten 12 Stunden am Tag und nur einmal in drei Wochen war frei." Also das war die Bezeichnung oder Beschreibung diese Bedingungen. Leider war es nicht inhaltsreicher und der Zeitzeuge erzählte dann eine weitere Geschichte. Da das habe ich vielleicht gerade etwas zu diesem Bunker Valentin gefunden. Also die Arbeiter, glaube ich, haben diesen Tarn-Namen nicht gekannt. Das war vielleicht nicht so bewusst. Also sie sprechen über diese U-Boote und diesen Bunker für U-Boote. Also das ist das einzige, das ich für heute vielleicht finden konnte in den Erinnerungen der Zeitzeugen." Ja, vielen Dank, das zeigt ja auch allein der der kurze Blick in das Material schon viele Perspektiven aufmacht, die hier am Ort auf jeden Fall aufgemacht werden müssten. Genau, bei der bei der Recherche merkt man auch immer wieder, dass eben auch die Personen, die tschechischen Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen, verschiedene Orte meistens durchlaufen haben, von Ort zu Ort, von Lager zu Lager gebracht worden und wir die Geschichte der Region noch größer denken müssen. Man findet ganz viele Schnipsel von Erinnerungen an ein Lager in Ritterhude, es sind jetzt Orte gefallen, die auch den Bremer:innen im Publikum etwas sagen werden, wenn man das Wort Wollkämmerei hört, wenn man an die AG Weser denkt, wenn man an die verschiedenen Betriebe, an Focke-Wulf denkt, also die Betriebe, die auch die Bremer Geschichte geprägt haben, haben eben auch alle eine eine Geschichte mit Zwangsarbeit und eben auch mit tschechischer Zwangsarbeit. Da noch mal genauer nachzuschauen wäre auf jeden Fall ein Auftrag, den wir hier mitnehmen werden. Bevor sie gleich noch mal kurz die Gelegenheit haben auch Fragen zu stellen, gewissermaßen noch als kleine vorläufige Abschlussrunde hier auf dem Podium, Marieke, du hast erzählt, dass die die Erinnerung, die es gibt, wachgehalten wird in Lübberstedt eben von einem sehr, sehr kleinen oder von einem Verein, Größe kann ich nicht so beurteilen, von einem Verein... was kann dieser Verein leisten? Was für Angebote gibt es und welche Probleme gibt es vielleicht auch vor Ort? "Ja, also der Verein ist ehrenamtlich organisiert und sehr klein. Du hast eigentlich ja schon viel gesagt. Also es gibt Angebote, es gibt Führungen im Sommer einmal im Monat durch das ehemalige Gelände der Muna. Es gibt auch Zusammenarbeiten mit Schulen ab und zu. Genau, aber da alles ehrenamtlich organisiert ist, ist halt gerade auch Forschung schwierig. Also es wird eher, in was auch total wichtig ist, auf Veranstaltungen und Projekte gesetzt aber in der Forschung wurde halt lange nicht mehr weiter geforscht und gearbeitet soweit es geht. Es werden noch Kontakte zu Zeitzeugen und Zeitzeuginnen gepflegt, was ich auch sehr schön und wichtig finde, die auch tatsächlich da waren vor einigen Jahren. Also es waren drei ehemalige jüdische Frauen, ehemalige jüdische Häftlingsfrauen dort und haben die Muna Lübberstedt besucht. Aber, wie gesagt, im Bereich der Forschung ist es schwierig dort Projekte auf die Reihe zu stellen." Ja, Ksenja, das kannst du vielleicht auch unterschreiben, wenn auch aus einer etwas anderen Perspektive natürlich, hier in einer institutionalisierten Gedenkstätte. Es gab ja, aufmerksamen Besucher:innen wird es nicht entgangen sein, in den letzten Wochen auch Veränderungen auf dem Rundweg, wo neue Tafeln aufgestellt wurden, neue Quellen dargestellt wurden, neue Personen dargestellt wurden, auch die erste eben nicht männliche Biografie, Susanna Goldschmitt, die auf diesem Rundweg jetzt zu sehen ist. Die letzten Jahre war es ein rein weiß, männlich, mit europäischer Perspektive, die hier gezeigt wurde, das heißt, Dinge ändern sich. Wie muss man sich das in der Arbeit hinter den Kulissen des Denkortes vorstellen? Wer kann denn diese Arbeit überhaupt noch neben der Pädagogik leisten und habt ihr einen kontinuierlichen Prozess der Evaluation und Forschung oder fehlt dafür auch einfach die Kapazität? "Also ich glaube dazu muss man auch ganz groß und laut sagen, dass es nicht nur die Institution ist, die die Forschungsarbeit macht sondern sehr, sehr viele Aktive aus Erinnerungskämpfen, aus Erinnerungsinitiativen, die es ja auch in Bremen viel gibt. Wir haben das große Glück, dass wir einen großen Kreis haben von freiberuflich tätigen Kolleg:innen, die tatsächlich ihre eigenen Schwerpunkte mitbringen, ihre eigene Forschung machen und wir versuchen da größtmöglich zu unterstützen. Das bedeutet, also das kontinuierlich bedeutet das eigentlich Wissen zusammentragen. Auch das Wissen, was gerade sehr viele Aktive in den 90er Jahren angehäuft haben, gesammelt haben, von Hobbyhistoriker:innen, von Aktivist:innen, Vereinen, Initiativen, die zu sammeln, die zusammenzutragen. Vielleicht ist es ja auch so, dass wir gerade gar nicht genau wissen, ob es Forschungsstände gibt zu diesem Thema Tschechische Zwangsarbeiter:innen, die aber vielleicht irgendwo in einer eigenen, kleinen Bibliothek zu Hause liegen oder es gibt Personen, die sich damit auseinandergesetzt haben und wir das noch mal aktivieren müssten. Also das bedeutet, auch die Tafeln von uns sind neu entstanden, weil es Personen gab die bestimmte Fragestellungen hatten, bestimmte Schwerpunkte hatten, bestimmte Perspektiven mitgebracht haben, die Biografie zu Akli Banoune hat mein Kollege Appolinaire Apetor-Koffi gemacht, weil er eben diese Perspektive hatte und gefragt hat: Gab es eigentlich schwarze Zwangsarbeiter:innen? Und dann hat er sich auf den Weg gemacht und diese Recherche durchgeführt und die in einem Projekt zusammengetragen und daraus haben wir eben diese Biotafel gemacht. Es gibt auch die neue Biotafel von Spiros Pasaloglou, wo wir auch dann den Fund hatten, dass da eine Biografie überliefert wurde und auch zu den Frauen. Es gibt zwei Stationen über Frauen, die eine Station ist tatsächlich ohne Foto, weil wir eben genau darauf aufmerksam machen wollen, dass die Recherche nicht zu Ende ist, dass wir da auf jeden Fall noch mal nachjustieren müssen, weil das Foto fehlt von Nadja Kovalova, einer ukrainischen Zwangsarbeiterin, wo wir eben kein Foto haben aber wir haben eben den Hinweis darauf, dass sie auf der Baustelle gearbeitet hat. Und es gibt auch so Projekte wie zum z.B. auch "Aus den Akten auf die Bühne", wo auch unterschiedliche Personen mitgewirkt haben, z.B. unsere Kollegin Anja Hassler, die heute auch da ist, die in dem Band von "Aus den Akten auf die Bühne" auch einen Ausschnitt von einer Biografie zu einem tschechoslowakischen Häftling im sogenannten Arbeitserziehungslager zusammengetragen hat. Wer Interesse hat, kann gerne in das Buch reinschauen oder Sie persönlich fragen. Genau, das heißt es ist Eigeninitiative aber es ist auch die Institution sollte sich als solche verstehen, dass sie einlädt, es fördert und auch zusammenträgt, weil Institutionen alleine können das nicht machen." Auch ein sehr schöner Appell noch mal. Šárka, was ist deine Perspektive oder was denkst du, wenn du das hörst, wie eben diese kleinen Orte auch Probleme haben, Forschung zu betreiben, an diese Gruppen zu erinnern. Ist das was, was ihr in eurer Arbeit häufig erlebt, wenn ihr mit deutschen Initiativen zusammenarbeitet, dass dann der Hilferuf kommt nach Prag, wir können keine Forschung machen, helft uns?! "Ich glaube das ist dasselbe für alle kleineren Institutionen, die keine Forschungsstelle gefördert bekommen. Also das ist dasselbe für uns alle. Wir wissen das es da Archivmaterial gibt, das noch nicht ausgewertet ist und wir müssen uns vielleicht irgendwie bei einigen Projekten zusammenfinden und wir müssen uns verbinden und vielleicht irgendwie zusammenarbeiten, um das auszuwerten, weil es wirklich ziemlich viel Material ist und es wäre schade, wenn es irgendwo im Schatten liegt." "Auch ein schöner Appell den wir natürlich auch mitnehmen werden. Bevor wir gleich in eine kleine Pause gehen, hätten sie jetzt noch mal die Gelegenheit für zwei, drei kurze Fragen. Wenn sie mir das signalisieren dann besuche ich Sie gerne mit dem Mikrofon und sie könnten die Fragen stellen." (Publikum:) "Dankeschön, ich wollte Frau Jarská fragen. Sie haben erwähnt, dass einige der Zwangsarbeiter:innen entschädigt wurden und da würde mich interessieren, in welcher Form oder wie sah die Entschädigung aus? Wie kann man sich das vorstellen?" Šárka Jarská: "Ja also Herr Martin Hořák vertritt hier gerade die Institution die das durchgeführt hatte in der Tschechischen Republik. Vielleicht ist es besser, wenn er antwortet, aber vielleicht sage ich das richtig, dass ich sagen kann, in den Jahren 2000 bis 2006 wurden in der Tschechischen Republik etwa 87 000 ehemalige Zwangsarbeiter entschädigt. Es waren zivile Zwangsarbeiter und auch die, die in Konzentrationslagern waren oder in verschiedenen Haftstätten. Und es waren also die Menschen, die sich um diese Leistung... also einen Antrag gestellt haben und die das irgendwie belegen konnten. Also mit Archivmaterial, mit einem Arbeitsbuch oder mit auch einer Aussage oder mit einem Beleg aus einem Archiv. Und leider waren es nur einige von den Menschen, die dort damals waren. Weil auch bei der Zwangsarbeit gab es viele Verletzungen, Todesfälle oder viele Menschen starben bei Luftangriffen oder kamen nach Hause in einem schlechten Gesundheitszustand. Also nur ein Teil dieser ehemaligen Zwangsarbeiter konnten die diese Leistungen bekommen." Moderation: "Herr Hořák wollen Sie ergänzen?" Martin Hořák: " Das würde zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Ja, nur vielleicht für den Rahmen würde ich erwähnen, es es handelt sich eigentlich um ein weltweites Projekt, koordiniert von von der "Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft". Und diese zentrale Stelle hatte sieben Partnerorganisationen weltweit. Der deutsch- tschechische Zukunftsfond war zuständig für die Tschechische Republik, das heißt, wir waren die lokale zentrale Stelle. Zu uns kamen die Anträge und mit diesen Anträgen auch Belege, weil es war eine der Bedingungen, dass verständlich einige Nachweise vorliegen müssen. Es war vor 20 Jahren schon ziemlich, würde ich sagen, methodologisch vorgeschritten, weil es wurde auch erlaubt, dass Erinnerungen und diese Egodokumente vorlägen. Das heißt, das war eine Vorgeschichte von oral history." (Publikum:) "Ich will die Zeit nicht wegnehmen aber wie sahen die Leistungen aus? Das hat mich eigentlich interessiert, haben die Menschen Geld bekommen?" Šárka Jarská: "Ja das war Geld und es war abgestuft. So die höchste Leistung haben die Menschen, die im Konzentrationslager waren bekommen. Dann war es eine Leistung für die übrigen, für die meisten, die in der Industrie gearbeitet haben und dann ein bisschen niedrigere Leistung für die, die in der Landwirtschaft waren." Ksenja Holzmann: "Ich kann da gerne ergänzen. In der Stiftungsprache heißt das nicht von Entschädigung sondern Ausgleichsleistung, sogenannte Ausgleichsleistung, und wenn man von der höchsten Summe spricht, ist es trotzdem immer noch super wenig. Das sind 2.650 € gewesen, ungefähr. Das ist also... das als Entschädigung für das Leid zu betrachten ist ein bisschen schwierig und auch wenn die EVZ tatsächlich als Stiftung einige Projekte fördert und das cool ist gibt es aber einen kritischen Moment, weil ich denke so eine Stiftung, die in Deutschland ist und die dann eine Abstufung macht, welches Leid, welche Form von Zwangsarbeit, wie viel Geld bekommt... ist das schwierig. Und die Stiftung hat ja auch gesagt, okay sie hören 2006/2007 auf und sie fördern mittlerweile Projekte. Also natürlich ist es für Verfolgte, Angehörige ein krasses Anerkennungszeichen, aber trotzdem ist es natürlich zu betrachten, was ist es denn wirklich gewesen und das ist eben eine Ausgleichsleistung gewesen mit einer sehr geringen Summe aus meiner Perspektive. Aber die Stiftung macht z.B. auch in den Nachfolgestaaten also Tschechien, Ukraine, Belarus weniger, aber die versuchen sozusagen auch humanitäre Projekte zu fördern und zu organisieren um auch eben noch heute lebende Zeitzeug:innen und ehemalige Zwangsarbeiter:innen zu unterstützen und die haben auch aktuell gerade ein Hilfsnetzwerk mit unterstützt für noch lebende ukrainische Zwangsarbeiter:innen seit dem erweiterten Angriffskrieg durch Russland. Moderation: "Eine schnelle Frage würden wir bestimmt schaffen. Gibt es noch eine Frage aus dem Publikum?" "Mich würde interessieren wie der Forschungstand eigentlich zu den Transportwegen oder eben ja zu den diversen Migrationswegen hier an die Orte ist, was man darüber weiß?" Šárka Jarská: "Was die tschechischen Zwangsarbeiter betrifft, sie sind gewöhnlich mit einem Zugtransport angekommen. Die tschechischen Zwangsarbeiter sind mit einem normalen, also Personenwagen oder Zügen gekommen. Also die Infrastruktur vom Protektorat war ganz gut was die Züge angeht, also sie sind mit den Zügen von Sammelstellen im Protektorat, also von Prag oder von den größeren Städten nach Deutschland. Manchmal mussten sie umsteigen aber gewöhnlich sind sie mit den Zug gekommen. Und dann wurden sie zugeteilt zu einzelnen Arbeitgebern, zu den einzelnen Firmen." Moderation: "Wollt ihr noch was ergänzen dazu?" Marieke Wist: "Ja, genau das war bei der Muna Lübberstedt auf jeden Fall auch so. Die direkt an Bahngleisen liegt und aus Berichten geht auch hervor, dass erstmal die Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen erstmal in ein anderes Lager kamen und dann quasi selektiert wurden und in die nach Muna Lübberstedt gebracht ich wurden." Ksenja Holzmann: "Ich möchte nur ganz kurz ergänzen... also es gibt natürlich sehr viele Deportationslisten, Transportlisten, weil dieses System schon sehr bürokratisch war und das bedeutet es gibt diese Listen. Man müsste aber auf jeden Fall noch enger, also die Orte müssen miteinander enger zusammenarbeiten, weil eben durch diese Bewegung von einem Lager zum anderen Lager da auch angeknüpft werden kann. Also diejenigen die in Konzentrations- Außenlagern waren in Bremen, die sind auf jeden Fall über das Hauptlager Hamburg- Neuengamme gekommen. Das heißt, sie wurden dort erfasst. Bei zivilen Zwangsarbeiter:innen, die wurden über Arbeitsämter erfasst, das heißt auch da gibt es ... und man müsste sich natürlich auch auf jeden Fall die Reichsbahn angucken. Das bedeutet heute die Deutsche Bahn. Und da auch noch mal nachzugucken, weil die natürlich auch mit verantwortlich waren für die Transporte." Moderation: "Ja, viel Handlungsbedarf auf jeden Fall, den wir heute Abend, wie erwartet auch, mitnehmen damit beenden wir den ersten Teil dieses Abends und ich bedanke mich ganz, ganz herzlich bei allen Podiums- Gästinnen, die hier heute Abend ihr Wissen mit uns geteilt haben und bevor es gleich mit dem Konzert weiter geht erfolgt jetzt eine ganz kurze Pause von 10-15 Minuten. In dieser Zeit sind Sie herzlich eingeladen zum einen sich mit Getränken gegen Spenden, die Spenden gehen an den Denkort, zu versorgen zum anderen werden wir auf diesem Bildschirm ein paar der Dokumente, Quellen und Fotografien präsentieren, die wir in der sehr kurzen Zeit der Recherche finden konnten. Vielen Dank an Martin Pfann, der diese Präsentation vorbereitet hat, die sie da gleich sehen können. Ansonsten schauen Sie sich gerne auch in in den Räumlichkeiten um. Wir werden allerdings dann um vermutlich gegen halb hier mit dem Konzert beginnen von Monika Načeva und und ihrer Band. Das Konzept der Band ist die Vertonung von Texten und Gedichten von Autoren und Autorinnen, die in der sozialistischen Tschechoslowakei unter verschiedenen Verboten und Repressionen gelitten haben und eben diese diese Texte vertont zum Leben zu erwecken und auch der Aspekt der doppelten Diktaturerfahrung für einige Personen dürfte dabei eine Rolle gespielt haben. Dementsprechend auch nicht ganz losgelöst vom Anlass des heutigen Abends und genau wir wünschen, ich wünsche Ihnen wir wünschen Ihnen viel Spaß bei dem folgenden Konzert und bedanke mich an dieser Stelle schon mal ganz herzlich für Ihre Aufmerksamkeit! [Applaus]