Video Sowj. Kriegsgefangene / Zivile Zwangsarbeiter:innen Virtueller Rundgang: Sowjetische Kriegsgefangene und zivile Zwangsarbeiter:innen Hallo und herzlich willkommen am Denkort Bunker Valentin und schön, dass sie heute bei unserem virtuellen Rundgang zu sogenannten "Ostarbeitern" und sowjetischen Kriegsgefangenen dabei sind. Wir wollen uns im folgenden fragend der Geschichte dieser beiden Gruppen nähern und meine Kollegin Ksenja Holzmann wird dafür Fragen zu sogenannten "Ostarbeitern" beantworten und ich Fragen zu sowjetischen Kriegsgefangenen beantworten bezüglich hier der Bunkerbaustelle im Konkreten und Bremen im Allgemeinen. In der nationalsozialistischen Rassenideologie galten die Menschen aus der Sowjetunion als sogenannte "Untermenschen" und "Jüdische Bolschewisten", dass heißt in der rassistischen Hierarchie waren sie auf unterster Stufe einsortiert. Das zeigte sich auch im Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion, der vor ca. 80 Jahren am 22. Juni 1941 begann. Den deutschen Besatzern war die Zivilbevölkerung in der Sowjetunion ziemlich gleichgültig und sie nahmen den Hungertod von Millionen von Menschen in Kauf. Als dann der Arbeitskräftemangel im deutschen Reich, die Verschleppungen von Millionen von Menschen aus der Sowjetunion zur Zwangsarbeit ins Deutsche Reich erforderte auch dafür galt dann die rassistische Einsortierung als Grundlage. Die rassistische Einsortierung spielt wiederum auch eine Rolle in der Behandlung dann der Menschen aus der Sowjetunion, die hier als Kriegsgefangene, als Zivilarbeiter und Zivilarbeiterin und KZ-Häftlinge arbeiten mussten und hatte brutale Konsequenzen auf die Überlebens- und Arbeitsbedingungen dieser Menschen hier unter anderem in Bremen und hier auch auf der Bunkerbaustelle des Bunker "Valentin". Warum und wie kamen die Menschen ins Deutsche Reich? Vor ihrer Gefangennahme kämpften die sowjetischen Kriegsgefangenen als Soldaten und ein kleinerer Teil von ihnen auch als Soldaten der Roten Armee gegen die Wehrmacht. Da sie als sogenannte Todfeinde des deutschen Volkes galten, beachtete die Wehrmacht die Bedingungen der Genfer Kriegskonvention für die sowjetischen Kriegsgefangenen nicht. In frontnahen Lagern ferchte die Wehrmacht hunderttausende sowjetische Kriegsgefangene zusammen und überließ sie weitgehend sich selbst, was besonders im ersten Winter 1941/42 ein Massensterben unter den sowjetischen Kriegsgefangenen zur Folge hatte. Gemeinsam mit der Gestapo führten die Selektionen durch und erschossen Polit-Kommissare und Juden beziehungsweise solche die sich dafür hielten. Und anders als bei anderen Kriegsgefangenen war ein Arbeitseinsatz von sowjetischen Kriegsgefangenen im deutschen Reich nicht vorgesehen, da die Sorge vor Agitation der Zivilbevölkerung im deutschen Reich durch die sowjetischen Kriegsgefangenen zu groß war. Allerdings ging die Blitzkrieg-Strategie im Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion nicht auf und die sowjetischen Kriegsgefangenen wurden im Deutschen Reich als Arbeitskräfte benötigt. Erst dann stimmte auch das Oberkommando der Wehrmacht diesem notwendigen Übel - wie sie es nannten - sprich dem Arbeitseinsatz von sowjetischen Kriegsgefangenen zu und brachten sowjetische Kriegsgefangene zum Arbeitseinsatz ins Deutsche Reich. Bis zum Ende des Krieges sollten die sowjetischen Kriegsgefangenen mehr als die Hälfte der im Deutschen Reich arbeitenden Kriegsgefangenen bilden, dass heißt, der Anblick von sowjetischen kriegsgefangenen Arbeitskommandos war im gesamten Deutschen Reich während der Zeit des Nationalsozialismus ein alltäglicher Anblick. Im Gegensatz zu den sowjetischen Kriegsgefangenen waren die sog. "Ostarbeiter" Zivilistinnen aus den besetzten Gebieten. Die Nazis haben diese besetzten Gebiete vor allem als Arbeitskräftereservoir betrachtet, um den Arbeitskräftemangel im deutschen Reich zu bewältigen. Zunächst haben die Nazis versucht, die Menschen vor allem aus Belarus und aus der Ukraine anzuwerben. Ähnlich wie sie das in Polen gemacht haben. Viele sind am Anfang vor allem auf diese Anwerbungen eingegangen, weil die Nazis ihnen quasi einen fairen Lohn und Arbeit versprochen haben. Dafür gab es viele Gründe, unter anderem haben sich viele freiwillig gemeldet, weil sie in ihrer eigenen Heimat nicht die Möglichkeit hatten, zu arbeiten, damit entsprechend Geld zu verdienen und damit auch Nahrung zu bezahlen. Und zum anderen war es auch so, dass die Nazis vor allem die Ukraine als "Kornkammer" also als Speicher, Kornkammer betrachtet haben und damit sozusagen die deutsche Bevölkerung ernähren wollten. Deswegen sind tatsächlich auch am Anfang sehr viele "Ostarbeiter", also sogenannte "Ostarbeiter" freiwillig ins Deutsche Reich zur Zwangsarbeit gefahren und dann haben auch die Nazis mit den Behörden in der Ukraine einen sogenannten verpflichtenden Arbeitsdienst eingerichtet, der ungefähr zwei Jahre dauern sollte und für bestimmte Jahrgänge galt. Nachdem aber die ersten Meldungen in die Heimat zurück kamen, wie die Lebensumstände und Arbeitsbedingungen wirklich im Deutschen Reich waren, ebbte diese Freiwilligensache wieder ab und die Nazis gingen dann über zu anderen Strategien. Vor allem nachdem die Blitzkrieg-Strategie im Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion nicht funktionierte, wie sie sich das erhofft hatten, sind sie dazu übergegangen Zwangsrekrutierungen durchzuführen, den Menschen zu drohen, Massenverhaftungen durchzuführen und die Behörden nannten das auch ganz offen Sklaven- und Menschenjagden. Ab 1942/43 gehörten die sogenannten "Ostarbeiter" zu der größten Gruppe unter den zivilen Zwangsarbeiterinnen, die im deutschen Reich eingesetzt worden sind. Als Hitler Fritz Sauckel 1942 zum Generalbevollmächtigten des Arbeitseinsatzes einsetzte, hat er sich bemüht, vor allem ab diesem Zeitpunkt sehr, sehr viele Menschen unter allen möglichen Bedingungen oder mit allen möglichen Maßnahmen ins Deutsche Reich zu schaffen. Auf einer Tagung am 6.1.1943 sprach Fritz Sauckel darüber, wie er Zwangsarbeiter:innen ins deutsche Reich schaffen wollte. "Freilich vor Maschinen stelle ich so lange ich sie von ihnen bekomme, Russinnen. Was da drüben in Sowjetrussland lebt, ist gesund. Ich werde diese Russinnen zu hunderten und tausenden einsetzen. Sie werden für uns arbeiten. Sie halten zehn Stunden durch und machen jede Menge Arbeit. Die Russinnen brauchen keine besondere Freizeit um ihren Haushalt in Ordnung zu halten, sie brauchen keinen Waschtag. Das alles aber muss unseren deutschen Frauen ermöglicht werden." Diese Ankündigung setzt er auch mit allen Mitteln und allen Maßnahmen durch, denn zum Höhepunkt des Arbeitseinsatzes 1944 waren fast drei Millionen sogenannte "Ostarbeiter" im Deutschen Reich eingesetzt und fast zwei Drittel davon waren Frauen. Was passierte den Menschen nach der Gefangennahme? Als die Menschen aus dem jeweiligen Dörfern und Städten aufgegriffen wurden, folgten oftmals lange Fußmärsche zu den entfernten Bahnhöfen. Dort wurden sie von den Nazis in geschlossene Güterwaggons verfrachtet, um die Reise ins deutsche Reich anzutreten. Familien wurden getrennt, Jugendliche ihrer Heimat entrissen und Frauen wurden sogar zu Zwangsabtreibungen gezwungen. Das änderte sich aber recht schnell, denn man hat festgestellt bzw. nicht man, sondern die Nazis haben dann festgestellt, dass dann die Gefahr von Flucht im Deutschen Reich größer war und dass sich denn die zivilen Zwangsarbeiterinnen auf die Suche nach Angehörigen machen würden. Deswegen verfielen sie dann in ein Verfahren, wo sie den Mehrfamilien geschlossen für den Arbeitseinsatz aufgriffen und dann an die Einsatzorte brachten. Dieses Verfahren spiegelt sich auch in den Quellen wieder. Für diesen Ort, also für die Bunkerbaustelle, gab es ein Lager, wo eine Liste geführt worden ist, auf denen die Zwangsarbeiterinnen erfasst worden sind. Darauf kann man auch viele Menschen mit dem selben Familiennamen finden. Und wie der Weg aus der Heimat also aus dem besetzten Gebieten für einige sogenannte "Ostarbeiter" aussah, das beschreibt zum Beispiel Ljuba Globa hier in einer Postkarte. Und sie schreibt über den Weg, wie sie aus der Ukraine hierher nach Farge gekommen ist: "Wir sind 15 Tage lang gefahren. Mir ging es gut. Jetzt bin ich in Bremen in einem Lager. auf dem Weg hierher gab es drei Untersuchungen. Ich bin für gesund befunden worden. Wartet nicht zu Hause auf mich. Ich lebe jetzt in einer Baracke." Was die sowjetischen Kriegsgefangenen mit den zivilen Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen aus der Sowjetunion gemeinsam hatten, war die lange Anreise aus der Sowjetunion ins Deutsche Reich. Teilweise wochenlang, teilweise monatelang und tagelang waren diese deutschen Kriegsgefangenen unter anderem, wie hier auf dem Titelblatt der Zeitung "Die Wehrmacht" zu erkennen ist, in offenen Waggons unterwegs. Der Unterschied zu den zivilen Zwangsarbeiterinnen aus der Sowjetunion allerdings war, dass diese sowjetischen Kriegsgefangenen unter der Verwaltung der Wehrmacht standen. Von der Gefangennahme bis zum Arbeitseinsatz und eben auch zur Registrierung. Wie am Beispiel des 23jährigen Andrej Konjuchov nachzuvollziehen ist, der ungefähr sechs Wochen nach Kriegsbeginn in der Sowjetunion als Kriegsgefangener in deutschen Gewahrsam kam und dann im Kriegsgefangenenlager Stalag XB - Stalag ist hierbei kurz für Kriegsgefangenenlager in Sandbostel - das ist circa 50 bis 60 Kilometer nördlich von Bremen, registriert wurde und ihm diese Personalkarte zugeteilt wurde. Das ist auch die einzige Information, die wir über Andrej Konjuchov noch haben. Weil anders als die zivilen Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen durften sowjetische Kriegsgefangene keine Post nach Hause schicken. Wie wir daran nachvollziehen können, wurde dann Andrej Konjuchov im Juli 1942 hier in den Arbeitseinsatz in eines der beiden Arbeitskommandos in Bremen-Nord eingeteilt. Höchstwahrscheinlich war er dann beim Bau des WiFo- Tanklagers eingeteilt gewesen. WiFo steht kurz für Wirtschaftliche Forschungsgesellschaft, die ab 1937 jetzt unterirdische Treibstofftanklager hat errichten lassen und somit maßgeblich zur Militarisierung der Region beigetragen hat. Andrej Konjuchov ist keine vier Monate im Arbeitseinsatz, dann erkrankt er und die Wehrmacht schickte ihn zurück in das Lazarett des Kriegsgefangenenlagers in Sandbostel, wo er drei Monate später im Februar 1943 stirbt. Wo waren sie untergebracht? Wo genau die sowjetischen Kriegsgefangenen untergebracht waren, die hier in der Region arbeiten mussten, ist nicht bekannt. Es spricht jedoch einiges dafür, dass eines der ersten Arbeitskommandos zu dem auch Andrej Konjuchov gehörte, hier beim Lager Tesch, das ist hier angedeutet auf dieser Karte durch diese blauen Blöcke, untergebracht war. Später dann waren die etwa, wahrscheinlich etwas mehr als 1000 sowjetischen Kriegsgefangenen, die hier auf der Baustelle des Bunker "Valentin" arbeiten mussten. - Wir sehen hier die Weser und hier angedeutet eben die Baustelle des Bunker "Valentin". Diese waren wahrscheinlich in der Nähe des "Arbeitserziehungslagers" beziehungsweise des Marinegemeinschaftslagers untergebracht, ungefähr hier. Was ich hier jedoch für allgemein festhalten lässt, für die Unterbringung der sowjetischen Kriegsgefangenen ist, dass sie stets getrennt von anderen Kriegsgefangenengruppen und auch anderen Gruppen von Zwangsarbeitern und Häftlingen untergebracht wurden und dies auch unweit der Arbeitskommandos in denen sie eingesetzt waren. Beispielsweise waren sowjetische Kriegsgefangene die in landwirtschaftlichen Arbeitskommandos eingesetzt waren, nicht selten dann auch in freigeräumten Schuppen oder Hallen im Dorf selber untergebracht. Bremer Firmen beispielsweise bei denen sowjetische Kriegsgefangene arbeiten mussten, wie die Franke Werke, hatten dann eigene Lager auf dem jeweiligen Werksgelände. Bei den zivilen Zwangsarbeiter:innen sah die Unterbringung in Lagern ähnlich aus. Die Lager befanden sich in unmittelbarer Nähe von den Arbeitseinsatzorten. Es gab auch Lager, die auch auf dem eigenen Gelände von Firmen, von Kommune, Kirchen, kleinen, großen Betrieben extra aufgebaut worden sind, weil diejenigen, die Zwangsarbeiter:innen quasi beantragt haben, um in diesen jeweiligen Firmen oder Kommunen, Kirchen und Ähnliches, arbeiten zu können. Für die Bunker-Baustelle wurde ganz speziell ein Lager eingerichtet, wo dann die zivilen Zwangsarbeiter:innen untergebracht waren und das befand sich hier. Das ist das sogenannte Lager Heitkamp. Es war ein Doppellager und die Betreiberinnen oder der Betreiber war die Organisation Todt. Sie waren also verantwortlich für die Unterbringung auch der zivilen Zwangsarbeiter:innen auch aus der Sowjetunion. Die Frauen und Männer wurden getrennt voneinander untergebracht und auch entsprechend der rassistischen Hierarchie wurden die sogenannten "Ostarbeiter" von den sogenannten "Westarbeitern" getrennt. Für ungefähr 4500 Menschen wurde dieses Lager aufgebaut und wir wissen noch nicht so ganz genau, aber einige zivile Zwangsarbeiter:innen wurden auch auf der Bunkerbaustelle eingesetzt. Die Postkarte, die ich vorhin gezeigt habe, die kam hier ungefähr aus diesem Bereich und wurde, wie erwähnt, von Ljuba Globa geschrieben, denn die Zwangsarbeit oder den Zwangsarbeiterinnen, wurde es tatsächlich erlaubt, Postkarten, also Post zu erhalten und zu verschicken. Allerdings galt dafür auch eine Zensur. Der Inhalt wurde überprüft. Aber auch wenn der Inhalt überprüft worden ist, konnten die Zwangsarbeiter:innen eigentlich gar nichts erzählen, weil sie nicht wussten, wofür sie eingesetzt worden sind. Es ist auch unklar, wo genau sie gearbeitet haben. Bei einigen sogenannten "Ostarbeitern" stand zum Beispiel Erdarbeiten oder Gleisarbeiten. Auf jeden Fall waren die Bedingungen im Lager sehr schlecht aufgrund der rassistischen Hierarchie und der rassistischen Behandlung. Wir wissen leider nicht viel über dieses Lager, denn nicht viele Quellen sind überliefert worden. Was aber auf dieser Karte deutlich wird, ist, dass dieses Lager das größte Lager hier in der Rüstungslandschaft war. Und es ist auch heute nicht mehr viel überliefert von diesem Lager also es gibt kaum noch Baustrukturen oder Überreste, die man heute vorfinden kann. Weil vor allem hier in diesem Bereich damals sozusagen das Dorf Schwanewede war und dieses Dorf sich quasi ausgebreitet hat. Wo das Lager war, ist heute eine Wohnsiedlung. Und unter anderem sind drei Baracken übrig geblieben und eine dieser Baracken, die hier auf dem Bild zu sehen sind, ist heute ein Einfamilienhaus. Wie sah der Alltag der Menschen aus? Und wie waren die Lebens- und Arbeitsbedingungen? Die Lebensbedingungen für die sowjetischen Kriegsgefangen in den Lagern und in den Arbeitskommandos waren generell sehr schlecht. Aus einer Ernährungstabelle des Oberkommandos der Wehrmacht von 1941 ist zu entnehmen, dass die Lebensmittelrationen für die sowjetischen Kriegsgefangenen eigentlich nicht ausgereicht haben zum Überleben. In einem der ersten Arbeitskommandos in Bremen an sowjetischen Kriegsgefangenen, die im Gemeinschaftslager Gramker Heerstraße untergebracht waren, überlebten von den 600 sowjetischen Kriegsgefangenen mehr als die Hälfte die ersten Wochen nicht. Im November 1941 schreibt der Bremer Bürgermeister den Reichsminister Todt an und beschwert sich darüber, dass der Zustand der sowjetischen Kriegsgefangenen derart schlecht sei, dass sie derart entkräftet seien, dass von einem Arbeitseinsatz von sowjetischen Kriegsgefangenen eigentlich keine Rede sein könnte. Allgemein verbessert sich die Situation für die sowjetischen Kriegsgefangenen im Februar 1942. Allerdings bleiben sie bis zum Kriegsende Misshandlungen ausgesetzt, werden in den Arbeitskommandos ähnlich den KZ-Häftlingen in die schwersten Arbeitskommandos eingeteilt. Es brechen immer wieder Krankheiten unter den sowjetischen Kriegsgefangenen aus und Hunger bleibt die Hauptursache für das Sterben unter den sowjetischen Kriegsgefangenen. Von insgesamt über 5 Millionen sowjetischen Kriegsgefangenen, die in deutsche Kriegsgefangenschaft gekommen sind, überlebt mehr als die Hälfte nicht und das zeigt eigentlich auch nur auf, wie schlecht die Behandlung und die Lebenssituation für die sowjetischen Kriegsgefangenen war. Der Alltag der zivilen Zwangsarbeiter:innen aus der Sowjetunion war vor allem geprägt durch Rassismus, Ausbeutung, willkürliche Gewalt, langen Arbeitszeiten und schwerer körperlicher Arbeit. Aber vor allem bestimmte den Alltag und die Lagerbedingungen sowie die Arbeitsbedingungen die sogenannten "Ostarbeitererlasse" vom Februar 1942. Dort wurde ganz klar geregelt, dass die sogenannten "Ostarbeiter" nur, also das Lager nur für die Arbeit verlassen durften, sie mussten eine Kennzeichnung auf der Brust tragen, wo draufstand "Ost", sie durften keinerlei Transportmittel besitzen, das bedeutet keine Fahrkarten für die öffentlichen Verkehrsmittel oder ein Fahrrad, jeglicher Kontakt zu Deutschen war untersagt, die Verpflegung sollte deutlich geringer ausfallen als von anderen zivilen Zwangsarbeiter:innen und auch den Arbeitgeber:innen von den zivilen Zwangsarbeiter:innen wurde dort erlaubt, sie bei Bedarf, körperlich zu züchtigen. Sollten diese Regeln irgendwie von den sogenannten "Ostarbeitern" gebrochen werden, drohte vielen dann die Einweisung in ein Konzentrationslager oder sogenanntes "Arbeitserziehungslager". Wie die Situation im Lager Heitkamp war, das konnten wir auch aus diesen Postkarten entnehmen, die ich vorhin kurz gezeigt habe, dort schrieben nämlich einige Frauen von dem was sie dort bekamen als sie das Lager erreicht haben, unter anderem haben sie Bettwäsche bekommen, ein bisschen Kochgeschirr und einige schrieben auch, wie viel sie pro Tag bekamen, so eine dünne scheibe Brot, ein wenig Butter, ganz ganz wenig, Wurst für drei Tage aber das ist nicht näher definiert. Und es ist auch nicht ganz klar, ob sie wirklich diese Ration bekommen haben oder ob es einfach so eine Versicherung war an die Verwandten, das kann man nicht nachweisen. Anhand dieser Postkarten können wir aber auch noch sehen oder herausfinden, dass die Arbeitszeit für die zivilen Zwangsarbeiter:innen von 7 Uhr morgens bis 7 Uhr abends betrug. Wie schon vorhin erwähnt, galt auch schwere körperliche Arbeit oder war für sie auch schwere körperliche Arbeit vorgesehen: Erdarbeiten, Gleisarbeiten oder ähnliches. Generell war es so eigentlich gedacht und auch vor allem durch die sogenannten "Ostarbeitererlasse", dass Frauen und Männer getrennt waren und auch dass die Nationen sozusagen getrennt werden sollten. Für das Lager Heitkamp war das aber nicht unbedingt der Fall, denn nach einigen Quellen konnten wir herausfinden, dass auch Polinnen bei den Frauen untergebracht waren und auch einige Frauen aus Frankreich. Das heißt, dort wurden die Regeln nicht ganz durchgesetzt. Warum werden beide Gruppen als "vergessene Opfer" bezeichnet? Fritz Sauckel und Albert Speer waren maßgeblich für den Einsatz der Zwangsarbeiter:innen verantwortlich. Nach Kriegsende wurden beide in den Nürnberger Prozessen angeklagt und verurteilt. Damit galt in Deutschland die gerichtliche Aufarbeitung der NS-Zwangsarbeit als erledigt und vor allem wurde auch die Zwangsarbeit als Nebenerscheinung des Krieges betrachtet und weniger als Verbrechen. Lange Zeit waren dann die Zwangsarbeiter:innen nicht mehr im öffentlichen Bewusstsein. Das änderte sich erst ab den 1980er Jahren als man die Rolle der deutschen Unternehmen wieder in den Focus nahm und die Rolle aufarbeitete und anfängt, zu recherchieren. In diesen Debatten wurden dann auch wieder die Schicksale und Biographien der zivilen Zwangsarbeiter:innen aufgegriffen und bearbeitet und auch eben von den sogenannten "Ostarbeitern". Dies war mitunter ein Grund, warum diese Gruppe als vergessene Opfer bezeichnet worden ist. Ein anderer Grund war der, dass die ehemaligen Zwangsarbeiter:innen zurück in die Sowjetunion gehen wollten, also zurück in ihre Heimat. Als Problem dabei stellte sich heraus, dass in der Sowjetunion die Menschen, die dann in Haft, also unter Haftbedingungen, im deutschen Reich waren oder für die Nazis Zwangsarbeit leisten mussten als Verräter und Spione gesehen worden sind. Das bedeutete, dass dann die Geheimdienste der Sowjetunion die Menschen dann erst mal langen und strengen Verhören unterzog, wo sie dann beweisen mussten, dass sie nicht mit den Nazis zusammen gearbeitet haben. Das war ziemlich schwer ohne Beweise und Dokumente und deswegen konnten das viele nicht nachweisen, dass sie einfach nicht wussten, was sie für die Nazis gemacht haben und dass sie Opfer waren. Im schlimmsten Fall konnte es dazu kommen, dass die Geheimdienste der Sowjetunion entschieden haben, dass die Menschen weiterhin Zwangsarbeit in Sibirien leisten mussten und dann wieder in einem Lager untergebracht waren. Die Menschen, die dann in ihre Heimat zurückkehren durften, haben dann lange Zeit nicht über ihr Leid und ihre Erfahrungen, Erlebnisse im Deutschen Reich gesprochen, weil den Menschen sozusagen dann Diskriminierung drohte, Ausgrenzung und eben keine finanzielle Unterstützung erhielten und ja wie soll ich sagen, also ihnen wurde nicht geglaubt, sie galten als Verräter und Spione und deswegen haben dann lange Zeit die ehemaligen Zwangsarbeiter:innen aus der Sowjetunion nie darüber gesprochen. Auch nicht in ihren Familien. Bei den sowjetischen Kriegsgefangenen handelt es sich in meinen Augen eher um eine verdrängte als um eine vergessene Opfergruppe. So waren sie doch zur Zeit des Nationalsozialismus überall im Reich deutlich sichtbar aber ähnlich auch wie es den sowjetischen zivilen Zwangsarbeiterinnen erging, waren auch die sowjetischen Kriegsgefangenen nach ihrer Rückkehr in die Sowjetunion unter Verdacht gestellt, Verräter zu sein und wenn sie nicht verfolgt wurden so haftet er doch an ihnen das Stigma, was viele dazu bewegte eben nicht über ihre Geschichte zu erzählen. In den Jahrzehnten nach dem zweiten Weltkrieg war es vor allem in der BRD die kalte Kriegsideologie, die außerdem verhinderte, die Geschichte der sowjetischen Kriegsgefangenen aufzuarbeiten und zu erzählen. Bis heute sind die sowjetischen Kriegsgefangenen nicht als Opfer des Nationalsozialismus anerkannt, obgleich sie die zweitgrößte Opfergruppe bildeten. Und es ist Initiativen, Vereinen, Gedenkstätten, wie der Bremer Spurensuche, kontakte-kontakti, dem Denkort Bunker Valentin oder der Gedenkstätte Lager Sandbostel zu verdanken, dass die Geschichte der sowjetischen Kriegsgefangenen langsam in das öffentliche Geschichtsbewusstsein gelangt. Warum erinnern wir heute an diese beiden Gruppen? Für die deutsche Bevölkerung waren mehrere Millionen Menschen aus der Sowjetunion während des Zweiten Weltkrieges sichtbar. Viele deutsche Männer und Frauen hatten auch einen großen Anteil an der Ausbeutung von den Zwangsarbeiter:innen. Fast 13 Millionen Menschen, also fast 13 Millionen Zwangsarbeiter:innen waren im Deutschen Reich nicht nur in der Rüstungsindustrie sondern auch bei Kommunen, in Kirchen, in Betrieben, in Haushalten und Bauernhöfen eingesetzt. Nur durch den massenhaften Einsatz der Zwangsarbeiter:innen konnten die deutsche Wirtschaft und die Rüstungsindustrie während des Zweiten Weltkriegs aufrecht erhalten werden. Und vor allem deswegen war es auch den Nazis möglich, auch nach 1943 den Krieg weiter fortzuführen. Sogar die Erholung der deutschen Wirtschaft nach Kriegsende war den zivilen Zwangsarbeiter:innen zu verdanken und das sogenannte deutsche Wirtschaftwunder war auch ein Verdienst von den vielen Zwangsarbeiter:innen, die im deutschen Reich eingesetzt worden sind. Ein großer Teil der Zwangsarbeiter:innen waren Menschen aus der Sowjetunion. Um den Biographien und Schicksalen, die vor allem in den letzten 30 Jahren erforscht, aufgearbeitet und aus der Vergessenheit geholt worden sind, Raum zu geben sind die sowjetischen Kriegsgefangenen und die zivilen Zwangsarbeiterinnen aus der Sowjetunion Thema der diesjährigen Gedenkveranstaltung des 27. Januar in Bremen. Sollten Sie Fragen zu diesem Thema oder auch zu anderen Themen zur Zwangsarbeit oder Gedenkveranstaltungen oder Erinnerungskultur haben, können sie uns gerne kontaktieren: per Telefon, per E-Mail oder auch über unsere Social-Media-Kanäle. Stellen sie gerne Ihre Fragen! Und wenn es bald wieder möglich ist, kommen Sie gerne vorbei, nutzen Sie unsere pädagogischen Formate oder erkunden Sie einfach diesen Ort. Wir bedanken uns fürs Zuhören und Zusehen und bis bald! Bis bald!